Kinder und Jugendliche haben inzwischen in vielen europäischen Ländern, so auch in Luxemburg, ein gesetzlich verankertes Recht auf Förderung, Erziehung und Schutz. Ziel ist es, sie in ihrer Entwicklung hin zu selbstbestimmten, verantwortungsbewussten Persönlichkeiten zu begleiten. Doch in der Praxis zeigt sich: Die Lebenswelten junger Menschen sind oft von Strukturen geprägt, die wenig Raum für Mitsprache lassen.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts kritisierten Reformpädagogen, wie z.B. die US-Amerikanerin Kate D. Wiggin, die sich an den Ideen Friedrich Fröbels zur Kindererziehung orientiertet, Kinder seien „creatures of circumstances“ – geprägt von einer Welt, die Erwachsene nach ihren Bedürfnissen gestalten. Die aktuelle Kindheitsforschung beschäftigt sich zentral mit der Handlungsfähigkeit (relationale Agency) von Kindern, die nicht daran ausgerichtet ist, sie als „kleine Erwachsene“ zu verstehen, sondern in ihren eigenen Weltbezügen, die sie täglich herstellen. So untersucht ein aktuelles Forschungsprojekt, die „alltägliche Zugehörigkeitsarbeit“ von Kindern, die als Inklusionsakteure verstanden werden.
Kinderschutz muss in diesem Verständnis weit über Fürsorge hinausgehen – er muss Kinder als aktiv Handelnde in ihren Welten verstehen und einen Zugang zum Verstehen dieser Welter darüber gewinnen, dass Kinder beteiligt werden. Das ist der tiefere Sinn der Idee von Partizipation.
Auch vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Spannungen, wachsender Polarisierung und eines zunehmenden Rechtsrucks wird die Umsetzung von Kinderrechten zur zentralen Aufgabe. Schutz vor Gewalt darf nicht zur Entmündigung führen – junge Menschen brauchen Räume, in denen sie gehört, gestärkt und aktiv eingebunden werden.
Als Studierender der Kinder- und Jugendhilfe setze ich mich in diesem Semester intensiv mit dem Thema Kinderschutz auseinander. Dabei wird klar: Kinderrechte ernst zu nehmen bedeutet, pädagogisches Handeln konsequent an den Bedürfnissen und Rechten junger Menschen auszurichten – nicht nur auf dem Papier, sondern in den alltäglichen Entscheidungen, die sie betreffen.
In diesem Zusammenhang lädt das Transferzentrum Kinderschutz & Kinderrechte MV der Universität Rostock zur Ringvorlesung „Kinderrechte und Kinderschutz“ ein. Im Sommersemester 2025 sowie im Wintersemester 2025/26 werden vielfältige Perspektiven aufgegriffen – von der rechtlichen Verankerung bis hin zu aktuellen Herausforderungen in Praxis und Forschung.
Begleitend zur Ringvorlesung finden über das gesamte Jahr 2025 hinweg Fachtage und Workshops statt, die eine vertiefende Auseinandersetzung mit spezifischen Themenfeldern ermöglichen. Ob institutioneller Kinderschutz, Partizipation oder Kinderschutz im digitalen Raum – die Veranstaltungen richten sich an Fachkräfte, Studierende und alle Interessierten.
Die Ringvorlesung ist damit nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern auch ein Impulsgeber für eine kinderrechtsbasierte Praxis – und ein Aufruf, junge Menschen in ihrer Würde und Mitgestaltungskraft ernst zu nehmen.